Bewusst leben

Gesunde Gewohnheiten etablieren – Süchten im Alltag vorbeugen

Susanne Eberhard ist Diplom Pädagogin, die ihre Liebe zur Gesundheit und zum Menschen zum Beruf gemacht hat.
Susanne Eberhard

Diplom Pädagogin

Routinen, Rituale und Gewohnheiten begleiten jeden von uns in unserem hektischen Alltag. Die Regelmäßigkeit dieser unscheinbaren Alltagsbegleiter kann uns Stabilität bieten und unsere Energien positiv lenken.
Jedoch können Angewohnheiten auch ab einem gewissen Punkt zur Sucht werden und der Übergang ist dabei fließend.

Was sind Routinen, Gewohnheiten und Alltagssüchte


Routinen

Routinen bezeichnen regelmäßige Handlungen in unserem Alltag, die uns Sicherheit und vertraute Struktur bieten. Sie zielen in erster Linie auf Zweckmäßigkeit und Effizienz ab und werden bewusst oder unbewusst etabliert. Viele davon tun uns gut, jedoch nicht alle.

Gewohnheiten

Gewohnheiten oder auch Angewohnheiten können sowohl gut, als auch schlecht sein. Wenn wir darüber nachdenken, fallen uns zuerst die sogenannten schlechten Gewohnheiten ein. Das Beißen der Fingernägel, das Sprechen mit vollem Mund oder auch die Tafel Schokolade abends vorm Fernseher. Gewohnheiten sind Verhaltensweisen, die sich durch stetige Wiederholungen entwickelt haben und, ohne sie zu hinterfragen oder zu reflektieren, ganz automatisch ablaufen.

Alltagssüchte

Alltagssüchte hingegen sind sich wiederholende Handlungen, die häufig unbewusst ausgeführt werden. Sie bieten durch Ausschüttung von Glückshormonen in unserem Gehirn einen scheinbar emotionalen Gewinn, der jedoch nur kurz währt. Trotz ihrer negativen Konsequenzen für unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit schleichen sie sich meistens unbemerkt ein und zeichnen sich durch ihre Unkontrollierbarkeit aus.

Tipps gegen schlechte Gewohnheiten:


Wie wäre es stattdessen mit ein paar Beweglichkeitsübungen am Morgen nach dem Aufstehen oder einem wohltuenden Kräutertee zum Kraftschöpfen nach der Arbeit, bevor es zu Hause weiter geht?

„Sucht ist kein Randproblem in der Gesellschaft, sondern die Gesamtheit von riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Verhaltensweisen in Bezug auf Suchtmittel (legale wie illegale), sowie nichtstoffgebundenen Verhaltensweisen (wie Glücksspiel und pathologischer Internetgebrauch).“

Das Bundesministerium für Gesundheit, Stand: 26. September 2024

Das Bundesministerium für Gesundheit führt aus:


  • 11,6 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürger rauchen.
  • Circa 2,9 Millionen Menschen weisen einen problematischen Medikamentenkonsum auf.
  • 1,6 Millionen Menschen gelten als alkoholsüchtig.
  • 7,6 Millionen konsumieren Alkohol in gesundheitsgefährdender Weise.
  • Circa 1,3 Millionen Menschen weisen eine glücksspielbezogene Störung auf.
  • Bei 8,4 Prozent der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und bei 5,5 Prozent der 18- bis 25-jährigen jungen Erwachsenen kann von einer computer- oder internetbezogenen Störung ausgegangen werden.

Hilfreiche Routinen und Gewohnheiten entwickeln

Mitten in unserem stressigen Alltag suchen wir nach Wegen, unsere Energien optimal zu nutzen, in die richtigen Bahnen zu lenken und dabei erfolgreich zu sein. Aber wie entwickeln wir diese erfolgreichen Gewohnheiten?

Im ersten Schritt müssen wir uns einen Moment Zeit nehmen und herausfinden, welche Routinen oder Gewohnheiten wir aktuell haben. Wir schauen, welche gut für uns sind und welche wir als schlecht einstufen. Die Schlechten rauben uns Zeit und Energie und sind häufig nicht im Einklang mit unseren zukünftigen Zielen. Typische Beispiele für derart ungesunde Gewohnheiten sind das ständige Aufschieben wichtiger Aufgaben (Prokrastination), unausgewogene Ernährung (Snacks) und eine exzessive Nutzung des Internets.

Im nächsten Schritt entscheiden wir uns, ob wir eine schlechte Gewohnheit loswerden wollen. Nur wenn wir wirklich davon überzeugt sind, sie ablegen zu wollen, klappt es auch. Es braucht eine Menge Disziplin, aus einer schlechten Gewohnheit herauszukommen, bevor sie sich zu etwas wirklich Ungesundem entwickelt. Wir müssen uns dafür entscheiden, etwas verändern zu wollen!

Prokrastination, unausgewogene Ernährung und exzessive Nutzung des Internets ablegen und gute Routinen etablieren.

Im dritten Schritt teilen wir uns die bevorstehende Veränderung in kleine realistische Schritte auf und definieren Ziele. Wenn wir uns gesunde Alternativen suchen, gelingt uns das gleich viel besser, z. B. statt der Feierabendroutine mit Chips und Serienmarathon auf der Couch ein Pflegeabend mit Vollbad und Gesichtsmaske. Oder ein Treffen mit Freunden und den Tag in Ruhe ausklingen lassen. Auf dem Weg zur Abgewöhnung kann es ebenfalls helfen, sich kleine Erinnerungen auf Notizzettel zu schreiben. Morgens eine kleine Notiz an der Kaffeemaschine, heute nur zwei Tassen Kaffee zu trinken statt einer ganzen Kanne. So behalten wir das Ziel vor Augen, fördern unser Wohlbefinden und tanken Kraft für den nächsten Tag mit all seinen Anforderungen und Momenten der Hektik.

Der Grad zwischen Gewohnheit und Sucht ist sehr schmal

Das kennt jeder von uns: Der Tag war anstrengend und stressig und der Kopf dröhnt. Endlich abschalten!

Für viele von uns gehört das Feierabendbierchen einfach dazu oder auch das Glas Wein zum Abendessen. So wie gestern und vorgestern und vielleicht auch wie morgen und übermorgen? Harmloses Ritual oder schon gefährliche Abhängigkeit?

Gibt es bei unseren guten Vorsätzen  auch die eine oder andere Angewohnheit, die wir verändern möchten? Vielleicht Digital Detox, kein Alkohol innerhalb der Woche, weniger shoppen, weniger snacken oder mit dem Rauchen aufhören?

Wer bestimmt unser Verhalten oder unseren Konsum, wir oder die Sucht? Der Übergang vom Genuss zur Sucht ist fließend. Manche schlechte Gewohnheiten können zur Sucht werden, müssen es aber nicht. Es ist unbedingt empfehlenswert, bei Realisierung solcher Angewohnheiten früh genug die Notbremse zu ziehen, um das Risiko einer Sucht zu minimieren.

Schlechte Gewohnheiten können zur Sucht werden.

Süchte mit Erfolg bekämpfen – so kann es funktionieren

  • Sollte es bereits zu einer Sucht gekommen sein, gilt es, sich umfassend und sorgfältig zur eigenen Abhängigkeit zu informieren. Welche persönlichen Nachteile können damit zusammenhängen? Erst wenn wir uns genau vor Augen führen, welche negativen Auswirkungen unsere Alltagssucht auf unser Wohlbefinden hat, erhöht sich der Drang, die Sucht zu bekämpfen, immens.
  • Die Sucht verändert das komplette Leben und es kommt zu unterschiedlichen Konsequenzen.
  • Physische Auswirkungen der genannten Alltagssüchte können u. a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenschmerzen und Schlafstörungen sein.
  • Es können sich Auswirkungen in psychischer Hinsicht zeigen, wie Stress, Ängste und Reizbarkeit.
  • Ebenso kommt es zu sozialen Effekten, wie beispielsweise der Vernachlässigung und dem Rückzug von sozialen Beziehungen, weil Zeit und Aufmerksamkeit auf die Sucht fokussiert sind.
  • Auch finanzielle Folgen sind denkbar, nämlich wenn die Sucht zu finanziellen Engpässen führt.
  • Schließlich sind berufliche Auswirkungen möglich, wenn die Produktivität nachlässt und berufliche Verantwortlichkeiten vernachlässigt werden.

Reflexion

Das ehrliche Erkennen und Begegnen unserer Alltagssüchte hilft uns dabei, sie zu kontrollieren, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und einen gesunden Umgang mit ihnen zu finden.

  • Die Auslöser für unsere Alltagssüchte spielen eine wichtige Rolle. Es sind bestimmte Situationen oder auch Emotionen, die die Entstehung von schlechten Gewohnheiten begünstigen. Durch das Verstehen der besonderen Umstände, die zu suchtartigem Verhalten führen, können wir gezielt Maßnahmen erarbeiten und anwenden.
  • Selbstreflexion ist eine wirksame Strategie, die eigenen Alltagssüchte schon in ihrer Entstehung aufzudecken und ihnen entgegenzuwirken.
  • Gesunde Alternativen und positive Routinen entwickeln, um sie statt ungesunder Verhaltensmuster einzusetzen. Sie bieten uns Ablenkung und angenehme Abwechslung, befriedigen Bedürfnisse und bauen Stress ab. Beispiel: Wenn wir Stress bei der Arbeit haben, greifen wir häufig zu Schokolade und Weingummi. Durch Selbstreflexion identifizieren wir den Stress bei der Arbeit als Auslöser. Dieses Bewusstsein ermöglicht es uns nun, alternative Stressbewältigungsstrategien einzusetzen mit beispielsweise unserer Entscheidung für eine kurze Pause mit einer Atemübung.
  • Eine sehr wichtige Maßnahme ist natürlich auch die soziale Unterstützung. Durch offene Kommunikation mit Familie und Freunden bekommen wir Verständnis und positive Rückmeldungen.
  • Die bewusste Eindämmung von Reizen ist für den Umgang mit Alltagssüchten unumgänglich. Zeitgrenzen für den Gebrauch digitaler Geräte zum Beispiel schaffen mehr Raum für andere Aktivitäten.
  • Die Hilfe einer professionellen Unterstützung bei belastenden Alltagssüchten, die wir allein nicht in den Griff bekommen, ist unbedingt empfehlenswert.

Fazit:


Ob kleine Gewohnheit, psychologische Abhängigkeit oder Sucht, erst durch genaues Hinschauen klären wir diese Frage und haben frühzeitig die Möglichkeit, etwas zu verändern.
Auf diesem Weg zu einem bewussteren und erfüllteren Leben gibt es Hilfe u. a. von der „Beratungsstelle der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung“ und der „Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V.“


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© Hildegard Braukmann